Foto: Christoph Schieder
Das Ziel dieser Kooperationsvereinbarung ist die Reaktion auf die neu formulierten Schwerpunkte und die Forderung nach einer weitergehenden Neuausrichtung der Wohnungspolitik der städtischen Wohnungsbaugesellschaften.
Grundlage ist das in 2016 in Kraft getretene Gesetz über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin (Berliner Wohnraumversorgungsgesetz – WoVG Bln) sowie die in 2016 vom Senat beschlossene
Road-Map. Beide definieren Kriterien einer sozialen Bestandsbewirtschaftung sowie einer sozialen Wohnungsbaupolitik und stärken die städtischen Wohnungsbaugesellschaften bei der Umsetzung ihrer besonderen sozialen Verpflichtung.
Die Kooperationsvereinbarung wirkt sich auf das Wohnraumangebot und die Wohnraumversorgung im gesamten Stadtgebiet aus. Dabei erhöht es nicht zuletzt die Möglichkeiten einkommensschwächerer Haushalte, trotz steigender Mieten in der inneren Stadt wohnen zu bleiben oder hier Wohnraum in Förderobjekten zu finden. Zudem werden Mieterinnen und Mieter durch die Härtefallregelungen bei Mieterhöhungen vor finanzieller Überforderung geschützt.
Zusammen mit seinen sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften hat Berlin in den letzten Jahren das Vorhaben in Angriff genommen, die Mieten im Bestand bezahlbar zu halten und zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Gleichwohl ist die Umsetzung einer sozialen Mieten- und Wohnungspolitik weiterhin eine große Herausforderung, deren Dynamik auf Grund einer wachsenden Bevölkerungszahl und einer überhitzten Immobilienmarktentwicklung große Anstrengungen und zusätzliche Initiativen erfordert, um stadtweit die Berliner Mischung und den sozialen Zusammenhalt zu fördern.
Die Geschäftspolitik der städtischen Wohnungsbaugesellschaften konzentriert sich auf zwei Schwerpunkte: sozial ausgerichtete Bestandspolitik und Wohnungsneubau für breite Bevölkerungsschichten. Dabei ist es unerlässlich, bezahlbare Mieten für kleine und mittlere Einkommen im Blick zu haben, um die Berliner Besonderheit einer sozial durchmischten Stadt als eigenständigen Wert zu erhalten.
Die vorgelegte Kooperationsvereinbarung "Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung" mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften Berlins reagiert auf die Herausforderungen am Berliner Mietenmarkt, indem sie eine sozial ausdifferenzierte Mietenpolitik im Bestand vereinbart, die die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Haushalte bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften berücksichtigt, aber gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Unternehmen als Grundlage für mehr Investitionen in zusätzlichen Wohnraum und durch die Einbringung von landeseigenen Grundstücken und einer nachgewiesenen bedarfsgerechten Eigenkapitalzuführung im Einzelfall erhält.
Der
Wohnungsneubau der städtischen Wohnungsbaugesellschaften wird zukünftig in einer stärkeren Form unterschiedlichen Einkommensgruppen zusätzliches Wohnraumangebot zur Verfügung stellen. Dabei bedeutet Wohnungsbau immer auch Quartiers- und Stadtentwicklung, womit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften eine entscheidende Rolle bei einer nachhaltigen, sozial und funktional gemischten, gut gestalteten Stadt zukommt. Zudem werden Prinzipien der Bürgerbeteiligung bei Bauprojekten der städtischen Wohnungsbaugesellschaften aufgestellt und die Partizipation insgesamt ausgebaut.
Damit kommen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften ihrem besonderen Auftrag durch das zusätzliche Engagement, wie es in der vorliegenden Kooperationsvereinbarung dargelegt ist, verstärkt nach.
Die wichtigen Regelungen im Überblick:
Wohnungswirtschaft in kommunaler Hand
- Der Senat bekennt sich zu seinen städtischen Wohnungsbaugesellschaften; eine Privatisierung wird ausgeschlossen
Wohnungsneubau und sozial ausgerichtete Bestandspolitik
- Erhöhung des öffentlichen Wohnungsbestandes von derzeit rd. 320.000 auf rd. 360.000 Wohnungen durch Zukauf und Neubau im Jahr 2021 (unter Einbezug der Berliner Wohnungsbestände der berlinovo)
- Errichtung von mindestens 30.000 Wohnungen bis 2021 durch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften mit einem ausreichendem Angebot an Gewerbeeinheiten für Neubauprojekte
- Einbringung von landeseigenen Grundstücken; der daraus resultierende Vermögenszuwachs wird für zusätzliche Mietpreis- und Belegungsbindungen für Haushalte innerhalb der Einkommensgrenzen des Sozialen Wohnungsbaus genutzt
- Bei Neubauprojekten mit Baubeginn ab 01. Juli 2017 grundsätzlich mindestens 50 % mietpreis- und belegungsgebunden an WBS-Berechtigte und die anderen 50 % im freifinanzierten Neubauanteil durchschnittlich unter 10 €/m²/mtl. mit einer angemessenen Preisdifferenzierung
- Durch Bestandsankäufe sollen mindestens 10.000 Wohnungen bis 2021 erworben werden
- Liegt die Miete eines angekauften Wohngebäudes über 6,50 €/m²/mtl. nettokalt, wird mindestens jede zweite Neuvermietung zu einer Nettokaltmiete von max. 6,50 €/m²/mtl. an WBS-berechtigte Haushalte erfolgen
- Zur sozialen Stabilisierung von Quartieren werden das Vorkaufsrecht in Erhaltungs- und Milieuschutzgebieten sowie der Erwerb von Sozialwohnungen in Stadtteilen mit einem Mangel an preiswerten Wohnraum verstärkt ausgeübt und Vorkaufsrechts-Verordnungen gezielt erlassen
- Anreize schaffen für den Umzug kleiner Haushalte aus großen Wohnung, um die bedarfsgerechte Wohnraumversorgung zu verbessern und die Wohnungsbelegung zu optimieren
Sozialverträgliche Mieten
- 60 % der jährlich zu Wiedervermietung kommenden Wohnungen im Bestand werden an WBS-Berechtigte max. zur ortsüblichen Vergleichsmiete unter Beachtung der Berliner Mischung vermietet; hiervon werden 25 % an Wohnberechtigte besonderer Bedarfsgruppen (Transferleistungsbeziehende, Obdachlose, Geflüchtete, Studenten, betreutes Wohnen sowie vergleichbare Bedarfsgruppen) vermietet
- Bei Mieterhöhungen wird sichergestellt, dass die Mieten in Summe für die Bestandsmietverträge um nicht mehr als 2 % jährlich steigen; Mietanhebungen werden auf max. 4 % innerhalb von zwei Jahren begrenzt
- Bei Nettokaltmieten von Bestandsmietverträgen über 30 % des Haushaltsnettoeinkommens Absenkung bei Härtefällen auf 30 %
- Die Modernisierungsumlage wird auf maximal 6 % der aufgewandten Modernisierungskosten begrenzt und die Nettokaltmiete darf nach erfolgter Modernisierung und unter Berücksichtigung der Modernisierungsumlage die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als 10 % übersteigen; zudem greift die Härtefallregelung. Das gilt für alle Modernisierungsankündigungen, die ab dem 01.11.2016 ausgesprochen wurden.
- Die Kooperationsvereinbarung ist anzuwenden auf Mieterhöhungserklärungen, die ab 01.01.2017 ausgesprochen wurden. Zusätzlich für Mieterhöhungserklärungen mit Wirksamkeit ab 01.01.2017, die über 8 % Mieterhöhung in den vergangenen vier Jahren oder über 30 €/mtl. liegen
- Verbesserung des Mieterschutzes vor außerordentlichen fristlosen Kündigungen aufgrund von Mietrückständen und Vermeidung von Räumungen und Wohnungsverlust
Zukunftsfähiges und ökologisches Bauen
- Wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz durch ressourcenschonenden Ausbau von Dachgeschossen und Herrichtung von barrierearmen Wohnungen in Bestandsgebäuden
- Bei Modernisierungsvorhaben wird eine weitgehend warm-mietenneutral Umsetzung angestrebt und Sanierungsvorhaben müssen in Bezug auf die Baustoffe ökologisch vorbildlich sein
- Wohnungen mit Asbestbelastungen werden im Rahmen der Strategie "Asbestfreie Hauptstadt 2030" schrittweise saniert
Partizipation
- Verstärkung der partizipativen Vorbereitung von Bauvorhaben als integrativer Bestandteil der projektindividuellen bedarfsgerechten Neubauplanung
- Stärkung der Mitwirkungsmöglichkeiten durch Einrichtung von Mieterbeiräten in Siedlungen ab 300 Wohnungen
Evaluation
- Einführung eines Monitoringsystems zur Einhaltung der Regelungen der Kooperationsvereinbarung durch die Wohnraumversorgung Berlin AöR und regelmäßige Evaluation